Ich bin auf dem Weg in die Stadt. Vorbei am Fußballstadion. Durch den Park. Sehe einen Schlafsack auf der Wiese. Darin liegt jemand. Ein Mann. Ich gehe näher heran. Spüre Angst. Wovor? Die entblößte Schulter lässt sein junges Alter erahnen. Das Haar ist struppig. Wahrscheinlich schon länger nicht mehr gewaschen. Er schläft. Wie lange schon? Es ist Mittag.

Ich gehe vorbei. So wie alle. 

Ich gehe weiter. Nach meinem Termin laufe ich durch die Straßen. Lasse das geschäftige Treiben auf mich wirken. Wenige tragen noch Maske. Ein paar Bettler sitzen vor den Shops. Wo gelegentlich etwas abfällt.

Ich setze mich in ein Café. Schau nach draußen. Menschen hasten vorbei. Mit vollen Einkaufstüten. Schicken Klamotten. Perfektem Styling. Jede gefärbte Strähne sitzt.

Ich muss an den Mann im Park denken. Fühle mich schlecht. Sicher gibt es eine Anlaufstelle, wo er übernachten kann. Er hat seinen Grund, das nicht zu tun. Er liegt dort. Und schläft. Wehrlos. Hilflos. Mittellos. Alles, was er besitzt, hat er dabei. Das ist nicht viel.

Ich überlege. Was ich für ihn tun KÖNNTE. Wenn er nachher noch dort liegen WÜRDE.

Ich laufe zurück. Die uniformierten Kollegen sind noch da. Hatten wohl Schichtwechsel. 

Ich laufe weiter. Der Mann liegt auch noch dort. Er schläft noch immer tief. Bemerkt nicht, als ich näher komme.

Die Menschen laufen vorbei. In einiger Entfernung spielt eine Familie Ball auf dem Rasen. 

Bald wird es dunkel. 

Hier in Gohlis wohnen keine Armen. Blank geputzte Fenster. Großzügig geschnittene Wohnungen. Ruhig. Mit etwas Grün. Ein paar Schritte ins Zentrum. 

Die Nächte sind kalt im November. 

Sankt-Martins-Lieder klingen in meinen Ohren. Teilen. Helfen. Mitfühlen.

Wo sind sie? Die sich Wohltäter nennen. Die für Recht und Ordnung stehen. Menschen, die zuhören. Nachfragen. Sich kümmern. Nach einer Lösung suchen. Anpacken. Warum kommt niemand aus den Häusern? Warum nimmt niemand den Mann im Schlafsack wahr? 

Ich weiß, wie es sich anfühlt. Wenn alle vorbeigehen. Wegschauen.
Hart. Einsam. Verzweifelt. Kalt.